Der Kunstmarkt in Deutschland, Frankreich und der Schweiz: Ein Rückblick auf 2024 und Ausblick auf die Trends für 2025
2024: Ein Jahr der Gegensätze im Kunstmarkt
2024 war ein Jahr der Widersprüche auf dem Kunstmarkt. Zum zweiten Mal in Folge sanken die Umsätze auf dem internationalen Kunstmarkt, besonders im Auktionsgeschäft – die globalen Krisen und Kriege, Inflation und unsichere Wirtschaftslage führen dazu, dass einige Käufer*innen zurückhaltender agieren und Spitzenwerke „für bessere Zeiten“ aufgehoben werden, wenn ein Verkauf nicht dringend notwendig ist. In Deutschland zeigte sich allerdings ein anderes Bild und die Krise fiel viel geringer aus als erwartet.
Auch in deutschen Auktionshäusern trafen Widersprüche aufeinander: Auf der einen Seite standen Käufer*innen, die kein Risiko eingehen und nicht mehr als die untere Schätzung bieten wollten, auf der anderen euphorische Sammler*innen, die sich gegenseitig überboten, um an ihr gewünschtes Kunstwerk zu kommen. Im Vergleich mit den großen internationalen Playern wie Christie’s und Sotheby’s verzeichneten die deutschen Auktionshäuser wesentlich geringere Verluste im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig stieg die Zahl der Werke, die die Millionen-Marke knackten. Das teuerste Bild des Jahres in einer deutschen Auktion war Alexej von Jawlenskys Spanische Tänzerin von 1909, versteigert bei Ketterer in München für 7 Millionen Euro. Van Ham Kunstauktionen in Köln konnte ein Werk von Gerhard Richter (Abstraktes Bild, 1986) für 4,2 Millionen Euro verkaufen und erzielte nach eigenen Angaben das beste Gesamtergebnis seit der Firmengründung.
2024 hat der deutsche Kunstmarkt eine moderate Erholung von den Auswirkungen der Pandemie erlebt. Laut dem Jahresbericht des Bundesverbands Deutscher Galerien und Kunsthändler (BDGK) stieg der Gesamtumsatz im Vergleich zu 2023 um etwa 5 bis 7 %. Der Kunstmarkt zeigt Widerstandsfähigkeit, trotz wirtschaftlicher Herausforderungen. Viele Galerien setzen auf digitale Strategien und innovative Ausstellungen, um neue Zielgruppen zu erreichen.
Stabile Namen, neue Wege
Global lässt sich ein Trend zu mittleren und unteren Preisklassen erkennen: Der Kunstmarkt hat sich in diesem Segment lebhaft entwickelt, während Verkäufe im oberen Preissegment zurückgingen. Dies hat auch Auswirkungen auf Galerien, die sich in ihren Präsentationen und besonders auf Kunstmessen zunehmend auf erschwinglichere Kunstwerke konzentrieren.
Große Namen sorgen für solide Wertanlagen und die Käufer*innen bleiben gerne bei den etablierten Maler*innen: moderne und zeitgenössische Kunst sind nach wie vor am beliebtesten, neben Vertretern der amerikanischer Nachkriegskunst wie Andy Warhol, Kenneth Noland oder Robert Ryman sind auch deutsche Namen wie Georg Baselitz, Gerhard Richter oder Günther Uecker verlässlich.
Frankreich und die Schweiz: Das waren die erfolgreichsten Auktionen
Deutschland, Frankreich und die Schweiz bleiben wichtige Akteure im europäischen Kunstmarkt. Frankreich hat sich besonders hervorgetan und liegt beim Transaktionsvolumen auf Platz 2 in Europa. Während die Umsätze bei traditionellen Live-Auktionen zurückgegangen sind, hat die Online-Vermarktung von Kunstauktionen stark zugenommen.
In Frankreich sorgten die beiden Auktionshäuser Artcurial und Christie’s für Rekordmeldungen. Artcurial Paris versteigerte eine Skulptur von Auguste Rodin (Le Penseur) für 9,8 Millionen Euro. Sieben der zehn teuersten Werke, die in Frankreich versteigert wurden, wechselten bei Christie’s die Besitzer und in der Dependance des britischen Auktionshauses in Hongkong erzielte ein Seerosen-Gemälde von Claude Monet (Nymphéas) 15,3 Millionen Euro.
In der Schweiz konnte Sotheby’s Genf mit dem Verkauf einer seltenen Skulptur von Alberto Giacometti (L’Homme qui marche) für 12,5 Millionen CHF für Aufsehen sorgen.
Von Köln über Karlsruhe nach Basel und Paris: Die großen Kunstmessen ziehen Bilanz
Die drei großen Kunstmessen in Deutschland zeigten sich 2024 zufrieden. Die Art Cologne war mit rund 170 Galerien aus 24 Ländern und etwa 45.000 Besuchern ein großer Erfolg. Besonders beeindruckend waren die Verkäufe im fünf- bis sechsstelligen Bereich, von Gerhard Baselitz bei Thadeus Ropac bis zu Anne Imhof bei Daniel Buchholz. Die Messe bot eine Plattform für junge Galerien und etablierte sich erneut als wichtiger Treffpunkt der globalen Kunstszene bei gleichbleibenden Besucherzahlen.
Die Art Düsseldorf auf der anderen Rheinseite präsentierte über 100 Galerien aus 17 Ländern und setzte Schwerpunkte auf Themen wie „Future Bodies“, „Photography & Identity“ und „Retromania“. Sie wurde als lebendiger Treffpunkt für zeitgenössische Kunst gefeiert und zog sowohl etablierte als auch aufstrebende Künstler an. Im Vergleich zum Vorjahr konnte die Messe wachsende Besucherzahlen verzeichnen.
Eher eine kleine Messe, die beständig an Relevanz gewinnt, ist die Art Karlsruhe: Diese Messe überzeugte mit einem neuen Konzept und einer klaren Strukturierung der Hallen. Sie legte den Fokus auf Klassische Moderne und Gegenwartskunst und zog rund 47.000 Besucher an, was ein Zuwachs zu 2023 war. Besonders positiv wurde das neue Format „re:discover“ aufgenommen, das vergessene künstlerische Positionen ins Rampenlicht rückte.
In Paris fand im Herbst die dritte Ausgabe der prestigeträchtigen Art Basel Paris statt und vereinte 195 Galerien aus 42 Ländern. Die Messe verzeichnete Rekordverkäufe, darunter Louise Bourgeois‘ Skulptur Spider I (1995), die bei Hauser & Wirth für 20 Millionen USD verkauft wurde. Zwei weibliche Künstlerinnen erzielten hochpreisige Verkäufe: Julie Mehretus Insile (2013) wurde bei White Cube für 9,5 Millionen USD verkauft. Bei Lisson Gallery wurden Werke von Olga de Amaral, darunter Viento Oro (2014), für bis zu 800.000 USD verkauft.
Weitere bemerkenswerte Verkäufe waren Werke von Mark Bradford (Not Quite in a Hurry, 2024) für 3,5 Millionen USD und Barbara Chase-Riboud (Numero Noir #2, 2021) für 2,2 Millionen USD. Insgesamt war die Messe ein großer Erfolg mit über 65.000 Besuchern, was einen deutlichen Anstieg im Vergleich zu 2023 darstellt.
Die wichtigste Kunstmesse der Welt ist nach wie vor die Art Basel. Sie fand im Juni 2024 in Basel statt und zog über 200 Galerien aus der ganzen Welt an. Neben der Hauptmesse gab es auch Parallelveranstaltungen wie die Liste Art Fair und die Photo Basel. Die Messe zog 91.000 Besucher an, ein deutlicher Anstieg gegenüber den 82.000 im Jahr 2023.
Zu den Top-Verkäufen gehörte Joan Mitchells Sunflowers (1990–91) für 20 Millionen USD bei Pace Gallery, sowie Gerhard Richters Abstraktes Bild (2016) für 6 Millionen USD am Stand von David Zwirner. Die beiden Mega-Galerien bestimmten hier das hochpreisige Geschäft. Aber auch die deutsche Galerie Sprüth Magers gehört zu den Top Playern, hier wurde unter anderem ein großformatiges Gemälde des italienischen Malers Salvo für 155.000 Euro an eine private Sammlung verkauft.
Was sagen Galeristen, Auktionshäuser und Kunstkritiker*innen über 2024?
Experten und Galeristen sehen den Kunstmarkt 2024 als widerstandsfähig, trotz wirtschaftlicher Herausforderungen wie Inflation und geopolitischer Unsicherheiten. Ein zentraler Trend ist die zunehmende Bedeutung von Online-Verkäufen und die Fokussierung auf erschwinglichere Kunstwerke, während Verkäufe im oberen Preissegment zurückgingen. Für 2025 erwarten viele eine Stabilisierung des Marktes, wobei nachhaltiges Wachstum und digitale Strategien im Vordergrund stehen. Dr. Clare McAndrew, Kulturökonomin und Autorin des Art Basel und UBS Global Art Market Reports, sagte: „Im Jahr 2024 liegt der Schwerpunkt für viele Unternehmen nicht mehr auf einer schnellen Expansion um jeden Preis, sondern auf der Suche nach Möglichkeiten, nachhaltiges und rentables Wachstum zu erreichen.“
So blickt der Kunstmarkt auf das Jahr 2025
2025 ist der Auktionsmarkt eher verhalten gestartet. Große Millionenverkäufe lassen auf sich warten, Auktionshäuser experimentieren mit neuen Formaten, wie Online-Only-Auktionen, und fokussieren sich auf weitere Geschäftsfelder, zum Beispiel Schmuck, Uhren oder Handtaschen. Auch das Geschäft mit Alten Meistern wird weiter ausgebaut und gepusht.
In Deutschland macht der neue Mehrwertsteuersatz auf Kunst, der seit Anfang 2025 gilt und nun nur noch sieben statt bisher neunzehn Prozent Aufschlag verlangt, Hoffnung. Dadurch könnte das Geschäft angekurbelt werden, so die Prognose von Galerien wie Auktionshäusern.
Eine Herausforderung für den Kunstmarkt könnte 2025 die Zollpolitik von Präsident Trump in den USA werden. Noch ist unklar, ob neue Zölle perspektivisch auch auf Kunstwerke gelten oder ob neue Abkommen den transatlantischen Kunsthandel stabilisieren. Wie auch in der Politik liegt die Antwort hier in einer stärkeren Fokussierung auf den europäischen Markt und lokale sowie regionale Kunstverkäufe. Dieser Trend zeichnete sich auch bei der letzten Ausgabe der Art Cologne, der ältesten Kunstmesse der Welt, ab. Die Aussteller kommen vermehrt aus Deutschland und Europa und machen ihre Verkäufe auf kurzen Wegen unter den Nachbarländern aus. Auch auf der ersten großen europäischen Messe, der Art Paris im Grand Palais war der „French Touch“ zu spüren – knapp die Hälfte der neuen Teilnehmer stammte aus Frankreich, unter den anderen Galerien stammt die Mehrzahl aus Belgien, der Schweiz und Italien.
Die Art Basel im Juni 2025 präsentiert sich wie gewohnt international und erwartet ein ebensolches kaufkräftiges Publikum, das schon in der Vergangenheit häufig gegenwärtigen Krisen trotzte, und empfängt die Besucher*innen mit einem gewohnt vielversprechenden Rahmenprogramm und hochkarätigen Ausstellungen rund um die Messe.